Recht praktisch: Unterschätzte Gefahr bei Probefahrten

Während viele Autohändler schon sehnsüchtig auf das baldige Ende des Lockdowns warten und auf steigende Verkaufszahlen im neuen Jahr hoffen, möchten wir die – hoffentlich möglichst kurze – Zeit, bevor der Trubel wieder los geht, nutzen, um Ihnen eine Frage zu stellen: Wie schützen Sie die von Ihnen verkauften Autos bei Probefahrten?

Wenn Sie auf diese Frage – sei es bei Neu- oder Gebrauchtwagen, im geschäftlichen oder im privaten Bereich – nicht sofort eine Antwort parat haben, wäre die derzeitige Zwangspause eine Gelegenheit, sich hier etwas zu überlegen. Wir empfehlen jedem, der beabsichtigt ein Auto zu verkaufen und in diesem Rahmen auch eine Probefahrt anzubieten (in den meisten Fällen ein unerlässlicher Bestandteil des Verkaufs) dringend, sich (rechtlich) abzusichern. Hierzu sollte mit jedem potentiellen Käufer, der eine Probefahrt absolvieren will, eine kurze Vereinbarung abgeschlossen werden, um (Rechts‑)Streitigkeiten möglichst hintanzuhalten.

Die wichtigsten Bereiche, die solche Vereinbarungen umfassen sollten, sind eine Dokumentation der Zeit, des Ortes und des erlaubten Umfangs der Probefahrt sowie allen voran eine Klärung der Haftungsfragen. So muss beispielsweise der Kaufinteressent bereits vor Antritt der Probefahrt darauf hingewiesen werden, wenn keine Kaskoversicherung für das Auto bestehen sollte. Unterlässt der Verkäufer diesen Hinweis bzw. kann er ihn nicht nachweisen, hat er unter Umständen leicht fahrlässige Beschädigungen durch den Kaufinteressenten selbst zu tragen.

Was allerdings auch jedenfalls sorgfältig dokumentiert werden sollte, ist die Identität des Kaufinteressenten, idealerweise durch ein weiteres Ausweisdokument zusätzlich zum Führerschein. Eine vor kurzem ergangene Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofes verdeutlicht die Gefahr in solchen Fällen: Ein vermeintlicher Kaufinteressent verkaufte das ihm zur Probefahrt anvertraute Auto unter Vorlage gefälschter Dokumente an einen nichts ahnenden Käufer. Der Autohändler versuchte in der Folge, das Auto vom Käufer zurückzuerlangen, scheiterte jedoch, da der Käufer (gutgläubig) Eigentum an dem Auto erworben hat. Mehr noch: Da der Käufer das Auto wirksam erworben hat, hatte seine Widerklage gegen den Autohändler auf Herausgabe der Original-Zulassungspapiere Erfolg. Der Autohändler konnte lediglich Schadenersatzansprüche gegen den betrügerischen Kaufinteressenten geltend machen – sofern dieser auffindbar und liquide ist.

Da die österreichischen Regelungen in diesem Zusammenhang durchaus ähnlich sind, können wir Ihnen nur nahe legen, Probefahrten nur nach vorheriger (rechtlicher) Absicherung zu gestatten.

 

Der Autor: Dominik Leiter ist Rechtsanwalt und Partner bei Weisenheimer Legal in Wien

Den Originaltext finden Sie hier.

Weiter denken

Weiter denken

Warum (rechtliche) Probleme erkennen und lösen nicht genug ist

Ich war über Neujahr zwei Wochen segeln. In der Karibik. Und bin wieder gesund und negativ getestet zurück.

Was ich in diesen zwei Wochen Abstand für meinen Beruf als Anwalt – unter anderem – mitgenommen habe:

Das Recht in Zeiten der Pandemie ist negativ besetzt. Noch negativer als sonst. Weil es die Freiheit der Rechtsunterworfenen – mitunter erheblich – beschränkt. Selbst die eingeräumten Vergünstigungen sind erst nach einem Berg von Bürokratie zu erlangen.

Und es schafft Unsicherheit – aus mehreren Gründen. Einerseits, weil es sich schnell und laufend ändert. Und andererseits, weil es selbst für Juristen kaum mehr zu greifen ist. Aufgrund der Menge neuer Rechtsnormen, systematisch verwirrend und legistisch von zweifelhafter Qualität.

Das schafft – zusammen mit den antrainierten Ängsten, Sorgen und auch Zorn – einen erheblichen Widerwillen dagegen, sich mit rechtlichen Dingen zu befassen. Und dabei kommt bekanntlich wenig Gutes heraus.

Der schlechte Anwalt berät nun seinen Klienten richtig über die Rechtslage; darüber, was jetzt alles nicht möglich ist und was dem Klienten drohen kann.

Der gute Anwalt berät seinen Klienten richtig über die Rechtslage; darüber, wie er die Beschränkungen und Pflichten einhält und auf die Rechtslage richtig reagiert.

Der bessere Anwalt hört seinem Klienten gut zu und berät seinen Klienten dann richtig über die Rechtslage; darüber, wie er die ihm offenen Freiheiten nützt und diese in seinem Sinne nützt.

Probleme aufzeigen und Probleme lösen war bisher die Aufgabe und wird sie auch bleiben; aber die wertvollen Resultate liegen jenseits des Problems.

 

 

Recht praktisch: Inkassobüros lassen bei Verkehrsstrafen die Alarmglocken schrillen

Nicht nur für Urlauber, sondern vor allem auch für grenzüberschreitend tätige Unternehmen sind sie ein nicht zu unterschätzendes Ärgernis: Verkehrsstrafen aus dem Ausland. Nicht nur die Rechtsgrundlagen dieser Strafen sind oft schwer nachzuvollziehen, auch deren Höhe erscheint gerade im Vergleich zu den hierzulande gewohnten Strafen oft deutlich überzogen. Umso ärgerlicher ist es dann, wenn man von einer Strafe erst dadurch erfährt, indem man von einem aufdringlichen Inkassobüro mit einer Flut an E-Mails, Briefen, Anrufen und SMS bombardiert wird und hierfür auch noch oft exorbitant hohe Inkassokosten verlangt werden. Doch wie sollte korrekterweise in so einem Fall vorgegangen werden?

Vorweg ist eines zu sagen: Gerechtfertigt verhängte Verkehrsstrafen sind zu zahlen, auch wenn sie in einem anderen Land begangen wurden. Fast alle EU-Länder haben eine gegenseitige Vollstreckung von Verkehrsstrafen vereinbart – einfach seinen Kopf in den Sand zu stecken ist also meist nicht die richtige Lösung. Im Idealfall sollte die Zahlung der Strafe möglichst zeitnah erfolgen, da manche Länder eine substantielle Erhöhung der Strafe vorsehen, wenn nicht innerhalb einer bestimmten Frist gezahlt wird.

Vorsicht ist aber bei einer Eintreibung durch Inkassobüros geboten. So ist es etwa unzulässig, wenn ein EU-Land sich eines Inkassobüros zur Geltendmachung einer Verkehrsstrafe im Ausland bedient, da es sich hierbei nicht einfach um einen zivilrechtlichen Anspruch, wie etwa eine Kaufpreisforderung, handelt, sondern um eine öffentlich-rechtliche Strafe. Damit eine solche rechtswirksam verhängt werden kann, hat die Zustellung auf Ersuchen der ausländischen Behörden hin durch die österreichischen Behörden zu erfolgen. Außerdem werden immer wieder Fälle bekannt, in denen Inkassobüros versuchen, verjährte oder sogar bereits bezahlte Strafen einzutreiben.

Deshalb gilt es bei Erhalt einer Verkehrsstrafe zunächst einen kühlen Kopf zu bewahren und sich nicht durch die Vorgehensweisen von Inkassobüros einschüchtern zu lassen. Gegebenenfalls kann es geboten sein, sich rechtliche Unterstützung zu suchen, um die Strafe überprüfen zu lassen oder gegen die anhaltenden Eintreibungsversuche des Inkassobüros vorzugehen.

 

Der Autor: Dominik Leiter ist Rechtsanwalt und Partner bei Weisenheimer Legal in Wien

Den Originaltext finden Sie hier.