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Haben Passagiere das Recht auf die kostenlose Mitnahme von Handgepäck?

Haben Passagiere das Recht auf die kostenlose Mitnahme von Handgepäck?

Derzeit gehen Verbraucherschutzorganisationen in einigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union gegen die Gepäcksbestimmungen von Airlines vor. Damit soll jedem Fluggast die kostenlose Mitnahme von Handgepäck, unabhängig von der gebuchten Ticketkategorie, garantiert werden.

Der vorliegende Artikel soll einen Überblick über die relevanten Rechtsgrundlagen bieten und der Frage nachgehen, ob die Argumentation der Verbraucherschutzorganisationen nachvollziehbar ist.

Die Ausgangslage

Derzeit bieten einige Airlines, vor allem die sogenannten „Billigairlines“, regelmäßig drei verschiedene Ticketkategorien an, die im Zusammenhang mit Reisegepäck Folgendes vorsehen:

  • Billigste Kategorie: nur ein „persönlicher Gegenstand“ darf mitgenommen werden. Hierunter wird eine Tasche oder ein Rucksack verstanden, der unter den Vordersitz passt und oft die folgenden Maße nicht überschreiten darf: 40x30x20.
  • Mittlere Kategorie: ein persönlicher Gegenstand und ein Handgepäckstück dürfen mitgenommen werden. Unter „Handgepäck“ wird ein Koffer oder eine Tasche verstanden, die in das Gepäckfach über dem Sitz passt und oft die folgenden Maße nicht überschreiten darf: 55x40x20.
  • Teuerste Kategorie: ein persönlicher Gegenstand und ein Aufgabegepäckstück dürfen mitgenommen werden. Unter „Aufgabegepäck“ wird ein Gepäckstück verstanden, das im Frachtraum des Flugzeuges verstaut wird und oft die folgenden Maße nicht überschreiten darf: 80x120x120.

Verbraucherschutzorganisationen versuchen nun durchzusetzen, dass jeder Passagier ein Handgepäckstück ohne Zahlung eines Aufpreises mitnehmen darf. Sie stützen sich in ihrer Argumentation insbesondere auf die Artikel 22 und 23 der Verordnung (EG) 1008/2008 („VO 1008/2008“) und ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2014 (Rechtssache C-487/12).

Was besagt die VO 1008/2008?

Diese Verordnung regelt generell die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der EU, also etwa die erforderlichen Betriebsgenehmigungen und den Zugang zu Strecken. Diese Verordnung enthält allerdings auch Regelungen im Zusammenhang mit der Festsetzung von Ticketpreisen – und um genau diese Preisfestsetzung geht es in den nun relevanten Artikeln 22 und 23.

Artikel 22 der VO 1008/2008 enthält die grundlegende Bestimmung, dass Luftfahrtunternehmen ihre Flugpreise und Frachtraten frei festlegen dürfen. Dies erscheint heutzutage selbstverständlich, bis zur Liberalisierung des Luftverkehrs in der EU ab den 1980er Jahren wurden Preise allerdings streng reguliert und mussten staatlich genehmigt werden. Erst die Liberalisierung und damit die Möglichkeit der Airlines, ihre Preispolitik frei zu gestalten, ermöglichte einen zunehmenden Wettbewerb und damit eine Reduktion der Ticketpreise. Erst dadurch wurden Flugreisen auch für Durchschnittsverbraucher leistbar.

Artikel 23 der VO 1008/2008 legt als eine Art Gegengewicht zu dieser Preisfreiheit fest, dass die Endpreise für Flugdienste stets klar auszuweisen sind. Dabei müssen die Endpreise den Flugpreis sowie alle anwendbaren Steuern und Gebühren, Zuschläge und Entgelte, die unvermeidbar und vorhersehbar sind, einschließen. Nicht im Endpreis enthaltene Kosten werden als „fakultative Zusatzkosten“ bezeichnet und müssen auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungsvorgangs mitgeteilt werden. Weiters muss deren Annahme durch den Kunden auf Opt-in-Basis erfolgen.

Inwiefern kann die VO 1008/2008 als Grundlage für die Forderungen der Verbraucherschutzorganisationen herangezogen werden?

Die Verbraucherschutzorganisationen berufen sich nun auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2014 (Rechtssache C-487/12).

Im diesbezüglichen Ausgangsverfahren hat eine Passagierin diverse Flugtickets zu einem günstigen Preis bei einer spanischen Airline erworben, musste für die Mitnahme von Aufgabegepäck allerdings eine Gebühr von EUR 10,- pro Koffer und Flug zahlen. Hierin erblickte die Passagierin einen Verstoß gegen ein spanisches Gesetz, das Airlines vorschrieb, Aufgabegepäck in einem bestimmten Ausmaß zu befördern.

Aufgrund der behaupteten Verletzung dieses Gesetzes wurde die Airline von einer spanischen Behörde zu einer Geldstrafe verurteilt, gegen die die Airline wiederum gerichtlich vorging. Die Airline argumentierte, dass das spanische Gesetz gegen europäisches Recht verstoße, da es das der Airline durch Artikel 22 der VO 1008/2008 gewährte Recht zur freien Preisfestsetzung verletze.

Die Frage der Vereinbarkeit des spanischen Gesetzes mit Artikel 22 der VO 1008/2008 wurde im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens schließlich dem EuGH vorgelegt.

In diesem Verfahren herrschte zunächst Unklarheit über die genaue Auslegung des spanischen Gesetzes. Nach der Auslegung des vorlegenden spanischen Gerichts hat die Beförderung von Aufgabegepäck nämlich ohne Aufpreis stattzufinden, während nach der Stellungnahme der spanischen Regierung im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens diese Beförderung zwar zwingend stattzufinden hat, aber nicht unbedingt kostenlos ermöglicht werden muss. Der EuGH entschied sich auf Basis seiner bisherigen Rechtsprechung dazu, bei seiner Beurteilung der Rechtslage von der Auslegung des vorlegenden spanischen Gerichts auszugehen.

Wie entschied der EuGH in der Rechtssache C-487/12?

Im Rahmen dieses Verfahrens setzte sich der EuGH zur Klärung der Frage, ob die den Airlines zustehende Preisfreiheit auch die Freiheit umfasst, für die Mitnahme von Aufgabegepäck einen Zuschlag verlangen zu dürfen, näher mit den Artikeln 22 und 23 der VO 1008/2008 auseinander.

Dabei stellte der EuGH zunächst fest, dass diese Artikel auch auf die Festsetzung der Preise für die Gepäcksbeförderung anwendbar sind und behandelte sodann die Frage, ob der für die Beförderung von Aufgabegepäck zu zahlende Preis ein unvermeidbarer und vorhersehbarer Bestandteil des Preises für den Flugdienst darstellt (und damit unter den Begriff „Endpreis“ fällt) oder ob es sich um fakultative Zusatzkosten für einen Dienst handelt, der den Flugdienst ergänzt.

Unter Berücksichtigung der im Laufe der Jahre geänderten Geschäftspraktiken der Airlines – insbesondere der „Billigairlines“ – kam der EuGH zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Kosten für Aufgabegepäck nur um fakultative Zusatzkosten handelt. Die Beförderung von Aufgabegepäck wurde somit nicht als obligatorisch oder unerlässlich für die Beförderung der Fluggäste angesehen. Damit fällt die Beförderung von Aufgabegepäck nicht unter den „Endpreis“ und die Airline hat klar das Recht, im Rahmen ihrer Preisfreiheit eine zusätzliche Gebühr für die Beförderung von Aufgabegepäck zu verlangen. Dieses Recht wurde durch das spanische Gesetz, das (nach der Auslegung des vorlegenden spanischen Gerichts) die Mitnahme von Aufgabegepäck ohne Aufpreis vorschrieb, verletzt. Die Entscheidung des EuGH fiel sohin zugunsten der betroffenen Airline aus.

Nun hat der EuGH in seiner Urteilsbegründung allerdings auch ausgeführt, dass seine Überlegungen zu Aufgabegepäck nicht auf Handgepäck übertragbar sind – nach Ansicht des EuGH ist die Mitnahme von Handgepäck sohin als unverzichtbarer Bestandteil der Beförderung von Fluggästen und daher als Teil des Endpreises anzusehen. Konkret führte der EuGH aus „dass für seine Beförderung kein Zuschlag verlangt werden darf“, sofern sein Gewicht und seine Abmessungen „vernünftigen Anforderungen“ entsprechen und die einschlägigen Sicherheitsbestimmungen erfüllen.

Genau auf diese Ausführungen stützen Verbraucherschutzorganisationen nun ihre Forderung nach einer kostenlosen Mitnahme von Handgepäck.

Unsere Ansicht

Die Argumentation der Verbraucherschutzorganisationen steht unseres Erachtens auf wackeligen Beinen und würde schlussendlich auch nicht unbedingt zu einem kundenfreundlichen Ergebnis führen.

Einerseits hat der EuGH in Rechtssache C‑487/12 selbst ausgeführt, dass nur dann kein Zuschlag für die Beförderung von Handgepäck verlangt werden darf, wenn sein Gewicht und seine Abmessungen „vernünftigen Anforderungen“ entsprechen. Dass von Airlines auch in der billigsten Kategorie erlaubt wird, einen „persönlichen Gegenstand“, also meist eine Tasche bzw. einen Rucksack, der unter den Vordersitz passt, mitzunehmen, wurde weder im Urteil des EuGH noch in der im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens ergangenen Stellungnahme des Generalanwalts behandelt.

In seiner Stellungnahme führt der Generalanwalt im Prinzip zwei Gründe dafür an, dass die Mitnahme von Handgepäck im Ticketpreis inkludiert sein muss: zum einen unterliege das Handgepäck im Unterschied zum Aufgabegepäck der alleinigen Verantwortung des Passagiers und erzeuge bei der Airline keine Kosten für Aufgabe, Ablaufverfolgung und Lagerung und zum anderen gehöre die Möglichkeit, persönliche Gegenstände, die man als sehr wertvoll und absolut unerlässlich ansieht, unter eigener Aufsicht mit sich zu führen, zur Würde des Menschen.

Der erstgenannte Grund kann unseres Erachtens nicht überzeugen, wenn man sich den Umstand vor Augen führt, dass die für Kurzstreckenflüge in Europa am häufigsten eingesetzten Flugzeugtypen, der Airbus A320 und die Boeing 737, je nach Variante und Konfiguration mit etwa 130 bis 200 Sitzplätzen ausgestattet sind, aber nur mit Platz für etwa 90 bis 110 Handgepäckskoffer. Dies führt in der Praxis dazu, dass heutzutage bei zahlreichen Kurzstreckenflügen Passagiere aufgefordert werden müssen, ihre Handgepäckskoffer kostenlos aufzugeben, wodurch diese im Gepäcksraum des Flugzeuges befördert werden. Durch diese Praxis befinden sich im Endeffekt wieder zahlreiche Handgepäckskoffer in der Verantwortung der Airline und es entstehen diverse Kosten (auch wenn die Airline diese in der Regel nicht an den betroffenen Passagier weitergibt).

Der zweitgenannte Grund ist unseres Erachtens schon vor dem Hintergrund nicht belastbar, dass selbst in der billigsten Kategorie die Mitnahme eines persönlichen Gegenstandes erlaubt wird. Es wird wohl mit der „Würde des Menschen“ vereinbar sein, die besonders wertvollen persönlichen Gegenstände auf ein Ausmaß zu beschränken, dass diese in ein derartiges Gepäckstück passen. Weiters wird es für Airlines schon aufgrund der zuvor erwähnten Diskrepanz zwischen den verfügbaren Sitzplätzen und dem Platz für Handgepäckskoffer faktisch schlichtweg nicht möglich sein, jedem Passagier die Mitnahme eines persönlichen Gegenstandes an Bord zu gestatten.

Andererseits ist unseres Erachtens der angestrebte Erfolg – die Verpflichtung, Handgepäck ohne Aufpreis zu befördern bzw. das Verbot, Ticketkategorien anzubieten, die die Mitnahme von Handgepäck nicht umfassen – nicht mit den Zielen der Artikel 22 und 23 der VO 1008/2008 vereinbar. Wie der Generalanwalt in seiner Stellungnahme mehrfach betont, wurde Artikel 23 eingeführt, um die in Artikel 22 normierte Preisfreiheit mit einer Verpflichtung zur Klarheit zu verbinden, damit der Flugpreis vom Nutzer bei einem Vergleich der konkurrierenden Angebote genau beurteilt werden kann. Eine solche Klarheit ist auch durchaus wünschenswert – und im Übrigen auch durch andere Bestimmungen, etwa im Bereich der Allgemeinen Beförderungsbedingungen – abgesichert. Wenn eine Airline potenzielle Passagiere nun aber im Buchungsprozess klar und deutlich darüber informiert, welche verschiedenen Ticketkategorien es gibt und welche Rechte mit welcher Ticketkategorie verbunden sind, ist kein Grund erkennbar, sie derart in ihrer Unternehmensführung einzuschränken.

Abschließend sei noch infrage gestellt, ob das von den Verbraucherschutzorganisationen angestrebte Ergebnis – die verpflichtende kostenlose Mitnahme von Handgepäck – überhaupt verbraucherfreundlich wäre. Es erscheint naheliegend, dass sich die durch eine solche Verpflichtung hauptsächlich betroffenen „Billigairlines“ dazu gezwungen sehen könnten, die günstigste Ticketkategorie schlichtweg zu streichen, anstatt Passagieren nun zu erlauben, auch bei Erwerb eines solchen Tickets Handgepäck mitzunehmen. Die zahlreichen Passagiere, die diese Ticketkategorie derzeit in Anspruch nehmen, weil sie der Ansicht sind, dass ein „persönlicher Gegenstand“ für ihre Reise ausreicht, wären somit gezwungen, höhere Ticketkosten zu bezahlen.

Wenn sich einige von ihnen nun dafür entscheiden, statt oder zusätzlich zu einem persönlichen Gegenstand auch einen Handgepäckskoffer mitzunehmen – da dieser nun ja im Preis inkludiert ist – führt dies überdies zu einem höheren Gewicht des Flugzeuges und dadurch zu mehr Treibstoffverbrauch, was sowohl der Umwelt schadet als auch einen relevanten Kostenfaktor für die Airlines darstellt. Auch die Kosten, die durch den zusätzlichen Aufwand der Airlines in Verbindung mit Handgepäck, das wegen Platzmangels nicht in der Kabine befördert werden kann, entstehen, lassen befürchten, dass die Bemühungen der Verbraucherschutzorganisationen letztlich zu höheren Ticketpreisen für alle Passagiere führen könnten.

Für Fragen im Zusammenhang mit der kostenlosen Mitnahme von Handgepäck steht Ihnen unser erfahrenes Aviation Team gerne zur Verfügung.

Zur bestätigten Buchung und dem Anwendungsbereich der Fluggastrechte-Verordnung

Der EuGH zu bestätigten Buchungen und reduzierten Tarifen

In seiner Entscheidung vom 6. März 2025 (Rs. C-20/24) befasst sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit zwei wesentlichen Fragen zur Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 („Fluggastrechte-Verordnung“).

Erstens ging es um die Frage, ob eine Bordkarte, die keine Angaben zu Abflug- und Ankunftszeit enthält, dennoch als „bestätigte Buchung“ im Sinne von Art. 2 lit. g der Verordnung angesehen werden kann. Zweitens musste der EuGH klären, ob Fluggäste, die zu einem kostenlosen oder reduzierten Tarif reisen, grundsätzlich vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen sind.

Der EuGH stellte fest, dass eine Bordkarte einen „anderen Beleg“ im Sinne von Art. 2 lit. g der Fluggastrechte-Verordnung darstellen kann, aus dem hervorgeht, dass die Buchung vom Luftfahrtunternehmen oder Reiseunternehmen akzeptiert oder registriert wurde. Ein Fluggast, der eine solche Bordkarte besitzt, kann daher grundsätzlich eine bestätigte Buchung vorweisen, sofern das Luftfahrtunternehmen nicht nachweist, dass besondere, außergewöhnliche Umstände vorliegen, die dieser Annahme entgegenstehen.

Bezüglich der Ausnahme für Fluggäste, die kostenlos oder zu einem reduzierten Tarif reisen, entschied der EuGH, dass diese Ausnahme nicht greift, wenn der Fluggast den Flugpreis an das Reiseunternehmen zu marktüblichen Bedingungen entrichtet hat. Dies gilt auch dann, wenn der Preis der Pauschalreise nicht vom Fluggast selbst, sondern von einem Dritten an das Reiseunternehmen gezahlt wurde. Nach dem Urteil obliegt es dem Luftfahrtunternehmen nach den nationalen Beweisregeln nachzuweisen, dass der Fluggast tatsächlich unentgeltlich oder zu einem reduzierten Tarif befördert wurde, der der Öffentlichkeit nicht unmittelbar oder mittelbar zugänglich war.

Für Fragen im Zusammenhang mit bestätigten Buchungen und reduzierten Tarifen sowie generell zu Passenger Claims in Österreich steht Ihnen unser erfahrenes Aviation Team gerne zur Verfügung.

EuGH Judikatur 2024

EuGH Judikatur 2024 zu außergewöhnlichen Umständen

Der EuGH hatte sich auch im Jahr 2024 mit außergewöhnlichen Umständen iSd Art 5 Abs 3 Fluggastrechte-VO zu befassen. Es ging hierbei insbesondere um die Fragen, ob bestimmte Konstruktionsfehler oder ein Personalmangel bei der Gepäckverladung als außergewöhnlich einzustufen wären.

Konstruktionsfehler

Wie bereits im Fall Wallentin-Hermann (C-549/07) entschieden, können versteckte Fabrikationsfehler außergewöhnliche Umstände darstellen. 2024 hatte der EuGH zwei Fälle zu Konstruktionsfehlern zu beurteilen:

  • C-385/23: Ein Konstruktionsfehler in der Treibstoffanzeige eines neuartigen Flugzeugmodells.
  • C-411/23: Ein Konstruktionsfehler am Triebwerk, der dem Luftfahrtunternehmen bereits Monate vor der Störung mitgeteilt worden war.

In beiden Rechtssachen kam der EuGH zu dem Schluss, dass es sich bei den vorliegenden Konstruktionsfehlern um außergewöhnliche Umstände handelt. Konstruktionsfehler seien nämlich nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit eines Luftfahrtunternehmens, wenn der Hersteller des Fluggeräts nach Inbetriebnahme entdeckt, dass diese einen versteckten Fabrikationsfehler aufweisen, der die Flugsicherheit beeinträchtigt. Zudem sei ein solcher Fehler von einem Luftfahrtunternehmen auch nicht beherrschbar.

Besonders im Fall C-411/23 stellte der EuGH klar, dass es unerheblich ist, wann das Luftfahrtunternehmen von dem Fehler Kenntnis erhält, sofern der Fehler zum Zeitpunkt der Annullierung bereits vorlag und das Luftfahrtunternehmen ihn nicht kontrollieren konnte.

Personalmangel bei der Gepäckverladung

In der Rs. Touristic Aviation Services (C-405/23) ging es um die Frage, ob es sich bei einem Personalmangel des Flughafenbetreibers bei der Gepäckverladung um einen außergewöhnlichen Umstand handle.

Dabei griff der EuGH auf die Grundsätze aus dem Fall SATA (C-308/21) zurück, der sich mit dem Ausfall des Betankungssystems eines Flughafenbetreibers befasste. Der Gerichtshof argumentierte, dass eine Beherrschbarkeit des Ereignisses ausgeschlossen ist, wenn das Luftfahrtunternehmen keine Kontrolle über den Flughafenbetreiber hat.

Zudem äußerte sich der EuGH zu zumutbaren Maßnahmen: In solchen Fällen könne es zumutbar sein, vorbeugend auf Dienste eines alternativen Dienstleisters zurückzugreifen, um den Flugbetrieb sicherzustellen.

Für Fragen zur EuGH Judikatur 2024 zu außergewöhnlichen Umständen sowie generell zu Passenger Claims in Österreich steht Ihnen unser erfahrenes Aviation Team gerne zur Verfügung.

Kostenlose Tarife, öffentliche Verfügbarkeit und zeitlicher Zusammenhang bei Alternativbeförderung

Kostenlose Tarife, öffentliche Verfügbarkeit und zeitlicher Zusammenhang bei Alternativbeförderung

Die erste Entscheidung des EuGH im Jahr 2025 (C-516/23) bringt wichtige Klarstellungen zur Auslegung der Fluggastrechte-VO. Im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens standen Fragen zur Anwendung der Verordnung im Mittelpunkt, insbesondere in Hinblick auf nicht für die Öffentlichkeit unmittelbar oder mittelbar verfügbare bzw. kostenlose Tarife sowie den zeitlichen Zusammenhang zwischen einem annullierten Flug und einer Alternativbeförderung.

Der EuGH stellte klar, dass Fluggäste nicht im Sinne von Art 3 Abs 3 S 1, erste Variante, Verordnung (EG) Nr. 261/2004 „kostenlos“ reisen, wenn sie für die Flugbuchung Luftverkehrssteuern und Gebühren entrichten mussten. Steuern und Gebühren sind integrale Bestandteile des Flugscheins und nicht davon ausgenommen. Ein Fluggast reist daher nur dann zu einem kostenlosen Tarif, wenn er seinen Flugschein ohne jegliche Gegenleistung erhält.

Hinsichtlich der zweiten Variante von Art 3 Abs 3 S 1 Verordnung (EG) Nr. 261/2004 entschied der EuGH, dass ein Tarif nicht als „für die Öffentlichkeit nicht unmittelbar oder mittelbar verfügbar“ gilt, wenn der Flugschein im Rahmen einer Werbeaktion gebucht wurde. Solche Aktionen, auch wenn sie zeitlich und mengenmäßig begrenzt sind und sich an eine spezifische Berufsgruppe richten, gelten als für die Öffentlichkeit verfügbar.

Ein Tarif ist hingegen nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, wenn die Zielgruppe, für die er angeboten wird, hinreichend klar definiert ist. Eine Gruppe von Angehörigen der Gesundheitsberufe, die lediglich abstrakt und ohne nähere Angaben zu spezifischen Merkmalen beschrieben wird, und bei der die Ausstellung von Flugscheinen keiner einzelfallbezogenen Zustimmung unterliegt, fällt unter die Definition eines für die Öffentlichkeit bestimmten Tarifs.

Abschließend äußerte sich der EuGH zur Frage des zeitlichen Zusammenhangs zwischen einem annullierten Flug und einer anderweitigen Beförderung gemäß Art. 8 Abs. 1 lit. c Verordnung (EG) Nr. 261/2004. Demnach ist ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem annullierten Flug und dem gewünschten alternativen Flug nicht erforderlich. Eine anderweitige Beförderung zum Endziel kann, vorbehaltlich verfügbarer Plätze und zu vergleichbaren Reisebedingungen, auch zu einem späteren Zeitpunkt verlangt werden.

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Passenger Mobility Package

Das Passenger Mobility Package – ein Überblick

Jährlich werden in der EU über 13 Milliarden Reisen mit Flugzeug, Bahn, Reisebus, Bus oder Fähre unternommen. Allein im Jahr 2022 wurden 55,5 Millionen Pauschalreisen in der EU verkauft. Der Schutz und die kontinuierliche Verbesserung der Rechte der Reisenden sind daher zu einer zentralen Initiative der Europäischen Union geworden.

Im November 2023 hat die Europäische Kommission das sogenannte „Passenger Mobility Package“ veröffentlicht. Dieses Paket zielt u.a. darauf ab, die Rechte der Passagiere zu stärken und wirksamere Vorschriften für Pauschalreisen einzuführen.

Stärkung der Passagierrechte

In den Passagierverordnungen zum Flug-, Bahn-, Schiff- und Busverkehr sind weitgehend ähnliche Änderungen vorgesehen. Einerseits werden die nationalen Durchsetzungsstellen – in Österreich etwa die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (apf) – zu einer intensiveren Überwachung verpflichtet. Diese soll sowohl angekündigt als auch unangekündigt durch Audits, Inspektionen, Befragungen, Überprüfungen und Einsichtnahmen in Unterlagen erfolgen.

Andererseits soll die Bereitstellung von Informationen zu Passagierrechten künftig auch auf elektronischem Wege erfolgen. Zudem ist die Einführung eines einheitlichen Erstattungsformulars geplant, das den Reisenden jedoch nicht zwingend vorgeschrieben wird. Der Vorschlag sieht auch Lösungen für Erstattungsprobleme bei Flugtickets vor, die über Reisevermittler gebucht wurden.

Das „Passenger Mobility Package“ enthält außerdem eine neue Verordnung für Reisende, die verschiedene Verkehrsmittel wie Flugzeug, Bahn und Bus nutzen und aufgrund von Verspätungen den Anschluss verpassen. Die VO für multimodales Reisen schließt diese bisherige Lücke und sieht bei Verpassen des Anschlusses u.a. Erstattungsregelungen vor, wobei unter bestimmten Voraussetzungen eine Haftungsfreizeichnung für Online-Reisevermittler möglich ist.

Wirksamere Vorschriften für Pauschalreisen

Eine wesentliche Neuerung in der Pauschalreise-RL betrifft die Regelung zu Gutscheinen: Reisende müssen darüber informiert werden, dass sie nicht verpflichtet sind, einen Gutschein anzunehmen. Zudem muss jeder Gutschein gegen Insolvenz abgesichert sein. Der Insolvenzschutz bezieht sich jedoch nicht nur auf Gutscheine, sondern auf Rückerstattungen insgesamt und soll innerhalb von drei Monaten gewährt werden, nachdem der Reisende seinen Erstattungsantrag mit allen erforderlichen Unterlagen eingereicht hat.

Eine Rückgriffsregelung ermöglicht es dem Reiseveranstalter, vom Leistungsträger eine vollständige Erstattung aller Zahlungen innerhalb von sieben Tagen zu fordern, wenn eine Dienstleistung storniert oder nicht erbracht wurde.

Zwar wird keine europaweite Reisewarnung eingeführt, dennoch wird klargestellt, dass offizielle Reisewarnungen entscheidend für die Bewertung eines kostenlosen Rücktritts sind. Nach der Covid-19-Pandemie und angesichts aktueller Krisensituationen durch Naturkatastrophen und Kriege ist dies ein besonders wichtiger Aspekt.

Für Fragen rund um das Passenger Mobility Package steht Ihnen unser Team gerne zur Verfügung.

Incorrect Information Provided by the Tour Operator

Falsche Information des Reiseveranstalters

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied in den verbundenen Rechtssachen  C-650/23 und C-705/23, dass ein Fluggast, welcher aufgrund einer Pauschalreise über eine bestätigte Buchung für einen Flug verfügte, auch dann Ausgleichsleistung vom ausführenden Luftfahrtunternehmen im Sinne des Art 7 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 verlangen kann, wenn eine falsche Information des Reiseveranstalters dazu führt, dass der Passagier den Flug nicht wahrnimmt, obwohl dieser wie geplant stattfand.

Die Entscheidung betrifft einen Flug von Heraklion (Griechenland) nach Linz (Österreich). Einen Tag vor dem geplanten Abflug wurde der Passagier vom Reiseveranstalter über eine Änderung der Flugzeiten und des Zielflughafens informiert. Aus diesem Grund fand sich der Passagier nicht zur Abfertigung des gegenständlichen Fluges ein. Tatsächlich wurde der Flug jedoch wie geplant durchgeführt; die Information des Reiseveranstalters war somit falsch.

Der Passagier forderte daraufhin Ausgleichsleistung vom ausführenden Luftfahrtunternehmen und stützte seinen Anspruch auf Artikel 4 der Verordnung (EG) 261/2004  (Nichtbeförderung). Diese sprach ihm das Bezirksgericht Schwechat zu, das Luftfahrtunternehmen legte jedoch gegen dieses Urteil Berufung beim Landesgericht Korneuburg ein. Die beiden Hauptargumente der Airline waren das Fehlen der Tatbestände einer Nichtbeförderung sowie der mangelnden Zurechenbarkeit einer Umbuchung durch den Reiseveranstalter.

Das Landesgericht Korneuburg initiierte ein Vorabentscheidungsverfahren und wollte vom Europäischen Gerichtshof wissen, ob ein Fluggast, der im Rahmen einer Pauschalreise über eine bestätigte Buchung verfügt, vom ausführenden Luftfahrtunternehmen eine Ausgleichsleistung fordern kann, wenn der Reiseveranstalter dem Fluggast ohne vorherige Rücksprache mit dem Luftfahrtunternehmen mitgeteilt hat, dass der gebuchte Flug nicht durchgeführt werden soll, obwohl dieser in Wahrheit wie geplant stattfand. Fraglich war sohin, inwiefern die falsche Information des Reiseveranstalters der Airline zugerechnet werden kann.

Der Europäische Gerichtshof entschied unter Berufung auf seine bisherige Rechtsprechung und das Ziel der Verordnung (EG) 261/2004 ,ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sicherzustellen, dass das ausführende Luftfahrtunternehmen für falsche Information des Reiseunternehmens an die Fluggäste betreffend die Verlegung oder Annullierung eines Fluges einzustehen hat. Weiters verwies der EuGH auf die Möglichkeit des ausführenden Luftfahrtunternehmens, Regressansprüche gemäß Art 13 der VO gegenüber dem Reiseveranstalter geltend zu machen.

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Hidden defect in the design

Konstruktionsfehler des Triebwerks

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied im Fall C-411/23, dass ein auftretender Konstruktionsfehler, über den der Hersteller einige Monate im Voraus informiert hatte, einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art 5 Abs 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 darstellen kann.

Die Entscheidung betrifft einen Flug von Krakau (Polen) nach Chicago (USA). Einige Monate vor Abflug wurde die Fluggesellschaft über einen möglichen Konstruktionsfehler bestimmter Flugzeuge, eines dieser hätte auch für den gegenständlichen Flug eingesetzt werden sollen, informiert. Daher wurden mehrere Einschränkungen für die Nutzung dieser Flugzeuge verhängt.

Vier Tage vor dem geplanten Abflug trat eine Triebwerkstörung auf, welche tatsächlich auf den Konstruktionsfehler zurückgeführt werden konnte. Das Triebwerk wurde zur Wartung geschickt, jedoch war aufgrund eines weltweiten Triebwerkeengpasses kein Ersatztriebwerk vor dem geplanten Abflug verfügbar.

Aus diesem Grund musste der Flug mit einem Ersatzflugzeug durchgeführt werden, was zu einer Verspätung von drei Stunden führte.

Aufgrund dessen war die ausführende Fluggesellschaft der Meinung, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen war und lehnte daher Ausgleichsleistungszahlungen an die Passagiere ab.

Der EuGH stellte fest, dass das Auftreten eines solchen Konstruktionsfehlers des Triebwerks, das für die Durchführung des Fluges vorgesehen war, in den Anwendungsbereich des Art 5 Abs 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 fällt, auch dann, wenn die Fluggesellschaft Monate vor dem geplanten Abflug vom Hersteller informiert wurde. Zudem entschied der EuGH, dass das Bereitstellen eines Ersatzfluges als angemessene Maßnahme gilt, vorausgesetzt, dies ist technisch und wirtschaftlich möglich. Dieser Umstand hängt von den Kapazitäten der Fluggesellschaft ab.

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Technical Failures

Technischer Defekt bei einem neuen Flugzeugmodell

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in der Rechtssache C-385/23 entschieden, dass ein unerwarteter und noch nie aufgetretener technischer Defekt bei einem neuen Flugzeugmodell einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art 5 Abs 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 darstellen kann.

Im vorliegenden Fall ging es um einen Flug von Helsinki (Finnland) nach Bangkok (Thailand), der mit einem Flugzeug durchgeführt werden sollte, das etwas mehr als fünf Monate zuvor in Betrieb genommen worden war. Beim Betanken des Flugzeugs kurz vor Abflug kam es jedoch zu einem technischen Defekt an der Treibstoffanzeige, der zur Annullierung des Fluges aus Sicherheitsgründen führte. Weder die Flugsicherheitsbehörde noch der Flugzeughersteller hatten vor diesem Vorfall Kenntnis von dem Defekt. Später stellte sich heraus, dass die Ursache für den Ausfall ein versteckter Konstruktionsfehler war, der alle Flugzeuge desselben Typs betraf.

Auf Grundlage dieses Sachverhalts war das ausführende Luftfahrtunternehmen der Ansicht, dass die Annullierung aufgrund außergewöhnlicher Umstände notwendig war und verweigerte daher die Zahlung von Ausgleichsleistungen an die Fluggäste.

Der EuGH entschied, dass ein solcher technischer Defekt bei einem neuen Flugzeugmodell, bei dem der Hersteller dieses Flugzeugs anerkennt, dass der Ausfall durch einen versteckten Konstruktionsfehler verursacht wurde, der alle Flugzeuge desselben Typs betrifft und die Flugsicherheit beeinträchtigt, unter den Begriff der außergewöhnlichen Umstände im Sinne des Art 5 Abs 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 fällt.

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Lack of Airport Staff

Mangel an Flughafenpersonal als außergewöhnlicher Umstand

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in der Rechtssache C-405/23 entschieden, dass der Mangel an Flughafenpersonal einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art 5 Abs 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 darstellen kann.

Im vorliegenden Fall kam es unter anderem deshalb zu einer Verspätung von mehr als drei Stunden, weil sich die Verladung des Gepäcks in das Flugzeug verlangsamt hatte, weil nicht genügend Personal des mit dieser Dienstleistung betrauten Flughafenbetreibers zur Verfügung stand. Die Frage, ob ein solcher Mangel an Flughafenpersonal als außergewöhnlicher Umstand betrachtet werden kann, wurde dem EuGH vom Landgericht Köln in seiner Funktion als Berufungsgericht vorgelegt.

Der EuGH berief sich auf seine frühere Entscheidung C-308/21, in der festgestellt wurde, dass allgemeine Ausfälle des Betankungssystems eines Flughafens nicht als mit dem Betrieb des Flugzeugs, das den verspäteten Flug durchgeführt hat, untrennbar verbunden anzusehen sind. Nach Ansicht des EuGH ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Störungen bei der Gepäckverladung, die auf einen Mangel an Flughafenpersonal zurückzuführen sind, im Einklang mit der zitierten Rechtsprechung als allgemeine Störungen anzusehen sind. Hinsichtlich des Kriteriums, dass außergewöhnliche Umstände auch außerhalb der Kontrolle des Luftfahrtunternehmens liegen müssen, stellte der EuGH fest, dass es Sache des vorlegenden Gerichts ist, zu prüfen, ob das Luftfahrtunternehmen in der Lage war, eine wirksame Kontrolle über den Flughafenbetreiber auszuüben.

Ferner wurde betont, dass außergewöhnliche Umstände allein nicht ausreichen, um Luftfahrtunternehmen von ihrer Verpflichtung zur Zahlung von Ausgleichsleistungen an Fluggäste zu befreien. Die Luftfahrtunternehmen müssen zusätzlich darlegen und beweisen, dass sie alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen haben, die der Situation angemessen sind.

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Russia Sanctions

Russlandsanktionen: Verbot der Wiederausfuhr nach Russland

Seit nunmehr einigen Jahren ist es für Personen, die im Luftfahrtsektor tätig sind, von entscheidender Bedeutung, mit den Russlandsanktionen und den für sie daraus resultierenden Verpflichtungen vertraut zu sein. In dieser dynamischen Materie kann es allerdings schwierig sein, den Überblick zu behalten.

Eine neue Sanktionsbestimmung sollte aber jedenfalls nicht übersehen werden: Artikel 12g der Verordnung 833/2014. Demnach müssen Exporteure ab dem 20. März 2024 beim Verkauf, der Lieferung, der Übertragung oder dem Export von Flugzeugen und Flugzeugtreibstoff in ein Nicht-EU-Land, vertraglich die Wiederausfuhr nach Russland oder für die Verwendung in Russland untersagen. Zusätzlich muss sichergestellt werden, dass die entsprechenden Verträge „angemessene Abhilfemaßnahmen“ im Falle eines Verstoßes gegen diese Nicht-Wiederausfuhr-Klausel enthalten.

Das bedeutet, dass jeder Flugzeugkaufvertrag, sofern er nicht unter eine Ausnahme des Artikel 12g fällt, nun eine Klausel enthalten muss, die die Wiederausfuhr des verkauften Flugzeugs nach Russland oder für die Verwendung in Russland untersagt.

Zusätzlich muss ein Exporteur, wenn er erfährt, dass sein aus einem Drittland stammender Vertragspartner gegen eine solche Nicht-Wiederausfuhr-Klausel verstößt, die zuständige Behörde des Mitgliedstaats informieren, in dem er ansässig oder etabliert ist.

Nicht-Wiederausfuhr-Klauseln sind nicht erforderlich bei Exporten in Partnerländer, die in Anhang VIII der Verordnung 833/2014 aufgeführt sind, und zwar: die USA, Japan, das Vereinigte Königreich, Südkorea, Australien, Kanada, Neuseeland, Norwegen und die Schweiz. Darüber hinaus gilt diese Verpflichtung nicht für die Erfüllung von Verträgen, die vor dem 19. Dezember 2023 abgeschlossen wurden, bis zum 20. Dezember 2024 oder bis zu ihrem Ablaufdatum, je nachdem, was früher eintritt.

Obwohl es Exporteuren frei steht, eine angemessene Formulierung für eine Nicht-Wiederausfuhr-Klausel zu wählen, enthält die neueste Version der FAQs zu Sanktionen, die von der Europäischen Kommission veröffentlicht wird, eine Vorlage, die von Parteien verwenden werden kann.

Für Fragen zu luftfahrtbezogenen Russlandsanktionen in Österreich und der Europäischen Union steht Ihnen unser erfahrenes Aviation Team gerne zur Verfügung.