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First aid as accident under the Montreal Convention

Erste Hilfe als Unfall nach dem Montrealer Übereinkommen

In dem Urteil C-510/21 vom 6. Juli 2023 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass eine unzureichende medizinische Erstversorgung an Bord eines Flugzeugs nach einem Unfall im Sinne des Montrealer Übereinkommens als Teil des Unfalls anzusehen ist.

Sachverhalt der Rechtssache

In der Rechtssache, die dem EuGH erneut von einem österreichischen Gericht (diesmal: dem Obersten Gerichtshof) vorgelegt wurde, ging es um Austrian Airlines.

Am 18. Dezember 2016 befand sich der Kläger auf einem von Austrian Airlines durchgeführten Flug von Tel Aviv nach Wien. Während des Fluges wurde heißer Kaffee auf den Kläger verschüttet, was zu Verletzungen führte. In der Folge wurde dem Kläger an Bord des Flugzeugs medizinische Erstversorgung geleistet.

Im Jahr 2019, nach Ablauf der in Artikel 35 des geltenden Montrealer Übereinkommens festgelegten Frist, reichte der Kläger in Wien eine Klage gegen Austrian Airlines ein. Der Kläger argumentierte, dass die unzureichende medizinische Erstversorgung nicht als Unfall im Sinne von Artikel 17 des Montrealer Übereinkommens anzusehen sei und sich seine Schadenersatzansprüche daher ausschließlich nach österreichischem Recht richten sollten. Folglich sei die im österreichischen Recht vorgesehene Dreijahresfrist anwendbar, und seine Ansprüche seien nicht verjährt.

Die vom österreichischen Obersten Gerichtshof aufgeworfenen Fragen

(1)  Ist die an einen Unfall im Sinn von Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens von Montreal anschließende medizinische Erstversorgung an Bord des Luftfahrzeugs, die zu einer von den eigentlichen Unfallfolgen abgrenzbaren weiteren Körperverletzung des Reisenden führt, gemeinsam mit dem auslösenden Ereignis als einheitliches Unfallgeschehen anzusehen?

(2) Wenn Frage 1 verneint wird: Steht Art. 29 des Übereinkommens von Montreal einem Anspruch auf Ersatz des durch die medizinische Erstversorgung verursachten Schadens entgegen, wenn dieser zwar innerhalb der Verjährungsfrist des nationalen Rechts, aber bereits außerhalb der Ausschlussfrist des Art. 35 dieses Übereinkommens geltend gemacht wird?

Rechtliches Ergebnis

Der EuGH stellte fest, dass es nicht immer möglich ist, einen Schaden einem bestimmten Ereignis zuzuschreiben, wenn dieser Schaden das Ergebnis einer Reihe voneinander abhängiger Ereignisse ist. Daher sind aufeinanderfolgende, miteinander verbundene Ereignisse /Ursachen als ein einziger Unfall im Sinne des Übereinkommens von Montreal anzusehen.

Auf der Grundlage dieser Auslegung kam der EuGH zu dem Schluss, dass eine unzureichende erste Hilfe an Bord eines Flugzeugs nach einem Unfall im Sinne des Montrealer Übereinkommens als Teil dieses Unfalls anzusehen ist.

Aufgrund dieser Auslegung war es für den EuGH nicht erforderlich, die zweite Frage zu beantworten. Wir warten immer noch auf ein Urteil, in dem der EuGH eine klare Stellungnahme zum Anwendungsbereich des Ausschließlichkeitsprinzips des Montrealer Übereinkommens abgibt.

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Air carrier liability for psychological injuries

Air carrier liability for psychological injuries

The Montreal Convention is a multilateral treaty for the unification of several rules for international air carriage to which 136 states and the European Union are parties. It is of major significance for the aviation sector and contains, inter alia, provisions on an air carrier´s liability in case of an international flight. Article 17 of the Montreal Convention stipulates that an air carrier is liable for damage sustained in case of death or bodily injury of a passenger caused by an accident that took place on board of an aircraft or while embarking or disembarking. Since the term “bodily injury” is not defined in the Montreal Convention, questions were raised whether air carriers can also be held liable for psychological injuries under the Montreal Convention.

In case C111/21, the Court of Justice of the European Union (CJEU) had to deal with such a case. The passenger in question embarked a flight operated by the former Austrian air carrier Laudamotion between London and Vienna. During take-off, the left engine of the aircraft exploded, causing an evacuation of the passengers. The passenger in question disembarked the aircraft via the emergency exit and was hurled several metres through the air by the jet blast from the right engine, which had not yet been shut down. As a consequence, the passenger suffered not only physical, but also psychological harm.

The Austrian courts (District Court Schwechat and upon an appeal the Regional Court Korneuburg) were of the opinion that psychological injuries do not fall within the meaning of “bodily injury” and are therefore not covered by Article 17 of the Montreal Convention. However, the passenger brought the case before the Austrian Supreme Court, which decided to refer this question to the CJEU.

The CJEU argued by taking into account the preparatory works which led to the Montreal Convention and its objectives that the situation of a passenger who has suffered a psychological injury as a result of an accident may be comparable to that of a passenger who has suffered bodily injury. Consequently, the CJEU stated that according to Article 17 of the Montreal Convention air carriers are liable for psychological injury, which is not linked to bodily injury. However, only if the passenger can demonstrate (by means in particular of a medical report and proof of medical treatment) the existence of an adverse effect on his psychological integrity of such gravity that it affects his general state of health and that it cannot be resolved without medical treatment.

Don´t hesitate to contact our Aviation Team to learn more about the application of the Montreal Convention in Austria.