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Technical Failures

Technical failure affecting a new aircraft model

The European Court of Justice (ECJ) ruled in case C-385/23 that the occurrence of an unexpected and unprecedented technical failure affecting a new aircraft model may constitute extraordinary circumstances within the meaning of Article 5 (3) of Regulation (EC) No 261/2004.

The case at hand concerns a flight from Helsinki (Finland) to Bangkok (Thailand) that was to be operated by an aircraft which had entered into service just over five months earlier. However, the fuel gauge of that aircraft experienced a technical failure during refueling shortly before take-off, which resulted in the cancellation of the flight due to safety concerns. Neither the aviation safety authority nor the aircraft manufacturer was aware of the defect prior to this incident. It was later on discovered that the reason for the failure was a hidden design defect affecting all aircraft of the same type.

Based on these facts of the case, the operating air carrier was of the opinion that the cancellation was necessary due to extraordinary circumstances and, therefore, refused to pay compensation payments to passengers.

The ECJ decided that such technical failures affecting a new aircraft model recently put into service where the manufacturer of that aircraft recognises that the failure was caused by a hidden design defect conerning all aircraft of the same type and impinging on flight safety are covered by the concept of extraordinary circumstances within the meaning of Article 5 (3) of Regulation (EC) No 261/2004.

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Lack of Airport Staff

Lack of airport staff as extraordinary circumstances

The European Court of Justice (ECJ) ruled in case C-405/23 that the lack of airport staff may constitute extraordinary circumstances within the meaning of Article 5 (3) of Regulation (EC) No 261/2004.

In the case at hand, a delay of more than 3 hours occurred, inter alia, because the loading of baggage onto the plane had been slowed down as there had been an insufficient number of staff of the airport operator responsible for that service. The question whether such lack of airport staff may constitute extraordinary circumstances was referred to the ECJ by the regional court of Cologne in its role as court of appeal.

The ECJ cited its prior ruling C-308/21 in which it was stated that general failures of an airport´s refueling system are not to be regarded as being intrinsically linked to the operation of the aircraft which completed the delayed flight. According to the ECJ, it is for the referring court to determine, whether the failures of the baggage loading operations due to a lack of airport staff must be regarded as a general failure in accordance with the cited case law. Regarding the criterion that extraordinary circumstances must also be beyond the air carrier´s control, the ECJ stated that it is for the referring court to determine whether the air carrier was able to exercise effective control over the operator of the airport.

It was further emphasized that extraordinary circumstances alone are not sufficient to relieve air carriers from their obligation to pay compensation to passengers. Air carriers must additionally state and proce that they took all reasonable measures appropriate to the situation.

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The legal basis and the transferability of passenger rights

Zur Rechtsnatur und der Übertragbarkeit von Fluggastrechten

Der Europäischen Gerichtshof (EuGH) entschied im Fall C-11/23, dass das Recht auf Ausgleichsleistungen bei Flugannullierungen unmittelbar aus der Verordnung (EG) 261/2004 abgeleitet wird und nicht von etwaigen zwischen Passagieren und Airlines abgeschlossenen Beförderungsverträgen abhängig ist. Somit wird klargestellt, dass Passagiere unabhängig von etwaigen vertraglichen Bedingungen einen Anspruch auf Ausgleichsleistungen haben, sofern ihnen diese nach der Fluggastrechte-Verordnung zustehen.

Des Weiteren stellte der EuGH klar, dass Klauseln in Allgemeinen Beförderungsbedingungen (ABB), die die Abtretung von Fluggastrechten einschränken, als unzulässige Limitierung der Rechte dieser Fluggäste zu betrachten und daher nichtig sind. Der EuGH betonte weiters, dass es zur Sicherstellung eines hohen Schutzniveaus von Passagieren notwendig ist, deren Freiheit zu entscheiden, wie sie ihre Ansprüche geltend machen möchten, zu wahren. Dies umfasst (unter Beachtung der Bestimmungen des jeweils anwendbaren nationalen Rechts) auch die Abtretung ihrer Rechte an Dritte.

Genauere Informationen zu der Verwendung von ABB in Österreich finden sich in unserem Artikel „Allgemeine Beförderungsbedingungen in Österreich“.

Für Fragen zu Passenger Claims in Österreich steht Ihnen unser erfahrenes Aviation Team gerne zur Verfügung.

Urteil zu ABB

Urteil zu den ABB einer ungarischen Airline

Der österreichische Oberste Gerichtshof (OGH) hat kürzlich ein neues Urteil (4 Ob 222/22h) zu den Allgemeinen Beförderungsbedingungen (ABB) einer ungarischen Airline veröffentlicht und damit zahlreiche der darin verwendeten Klauseln als rechtswidrig beurteilt. Dieses Urteil ist das Jüngste einer Vielzahl von Urteilen, die bereits gegen Luftfahrtunternehmen und die von diesen verwendeten ABB geführt wurden.

Das Verfahren wurde als sogenannte „Verbandsklage“ von der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte als nach dem Konsumentenschutzgesetz (KSchG) klageberechtigter Verband eingeleitet und zielte darauf ab, der Airline die Verwendung bestimmter Klauseln in ihren ABB zu untersagen. In seiner über 100 Seiten langen Entscheidung behandelte der OGH zahlreiche Klauseln und liefert so wichtige Anhaltspunkte für sämtliche Airlines, die in Österreich tätig sind.

Da die klageberechtigten Verbände, allen voran der Verein für Konsumenteninformation (VKI) und die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, jederzeit Verbandsklagen gegen in Österreich tätige Luftfahrtunternehmen erheben können (und dies auch regelmäßig tun), sind Airlines gut beraten, dieses neue Urteil zum Anlass zu nehmen, ihre eigenen ABB zu überprüfen. Genauere Infos zu der Vorgehensweise der zur Verbandsklage berechtigten Verbände, dem System der Überprüfung von ABB in Österreich und den hierbei angewendeten Kriterien finden sich in unserem Artikel „Allgemeine Beförderungsbedingungen in Österreich“.

Zu den Klauseln, deren Verwendung der OGH nunmehr untersagt hat, gehören insbesondere die Folgenden:

  • Haftungsausschluss für zerbrechliches Gepäck
  • Rechtswahlklausel zu Gunsten des ungarischen Rechts
  • Möglichkeit der Umbuchung auf ein alternatives Beförderungsmittel
  • Einschränkung der Rechte nach der Verordnung (EG) 261/2004 („Fluggastrechte-Verordnung“)
  • Einreichung von Entschädigungsansprüchen ausschließlich über die Website der Airline

Unser erfahrenes Aviation Team beantwortet gerne Ihre Fragen zur Verwendung von Allgemeinen Beförderungsbedingungen in Österreich, überprüft Ihre ABB, um das Risiko eines Gerichtsverfahrens zu verringern und übernimmt Ihre Vertretung vor Gericht.

The necessity to suffer a loss of time to receive compensation

Ausgleichsleistungen nur bei tatsächlichem Zeitverlust

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinen neuesten Urteilen in den Fällen C-474/22 und C-54/23 klargestellt, dass Passagiere Ausgleichsleistungen nach der Verordnung (EG) 261/2004 im Falle von Flugverspätungen nur dann erhalten, wenn sie dadurch tatsächlich einen Zeitverlust erleiden. Fluggäste haben somit insbesondere dann keinen Anspruch auf Ausgleichsleistungen bei Flugverspätungen, wenn sie nicht zur Abfertigung erschienen sind.

Nach der Rechtsprechung des EuGH (Rechtssache Sturgeon, C-402/07 und C-432/07) haben Passagiere, deren Flüge mehr als drei Stunden verspätet ankommen, grundsätzlich ebenso ein Recht auf Ausgleichsleistungen wie Fluggäste von annullierten Flügen. Die aktuellen EuGH-Urteile verdeutlichen jedoch, dass es  weiterhin signifikante Unterschiede zwischen annullierten und erheblich verspäteten Flügen gibt.

In beiden Fällen ging es um Flüge von Düsseldorf (Deutschland) nach Palma de Mallorca (Spanien), bei denen die ausführenden Luftfahrtunternehmen bereits vorab erhebliche Verspätungen ankündigten. In der Rechtssache C-474/22 entschied sich der Fluggast nach Benachrichtigung über die voraussichtliche Verspätung, den Flug nicht anzutreten. In der Folge trat er seine Rechte an das Unternehmen Flightright ab, welches daraufhin die betroffene Airline auf Zahlung einer Ausgleichsleistung verklagte. In der Rechtssache C-54/23 entschied sich ein anderer Fluggast dafür, selbst einen alternativen Flug zu buchen, durch den er mit einer Verspätung von weniger als drei Stunden an seinem Ziel ankam.

Der EuGH entschied nun, dass beide Passagiere keinen Anspruch auf Ausgleichsleistungen haben. Er stützte sich dabei auf Artikel 3 der Fluggastrechte-Verordnung, wonach diese Verordnung nur dann anwendbar ist, wenn sich die Fluggäste – außer bei Annullierungen – rechtzeitig zur Abfertigung einfinden. Die Fluggäste argumentierten, dass dies nicht erforderlich sein soll, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen bereits angekündigt hatte, dass sich der Flug um mehr als drei Stunden verspäten wird, da solche erheblichen Verspätungen wie Annullierungen behandelt werden müssten.

Der EuGH folgte dieser Argumentation nicht und führte aus, dass seine Entscheidung in der Rechtssache Sturgeon darauf beruhte, dass Fluggäste, die eine Verspätung von drei Stunden oder mehr erleiden, einen irreversiblen Zeitverlust und daher ähnliche Unannehmlichkeiten wie Fluggäste bei annullierten Flügen erleiden. Nach Ansicht des EuGH dient die Ausgleichsleistung dem Ausgleich für diesen Zeitverlust. Da die Fluggäste in den aktuellen Fällen entweder ihre Flüge nicht antraten oder ihre Verspätung durch alternative Buchungen reduzieren konnten, erlitten sie diesen Zeitverlust eben nicht und haben daher keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechte-Verordnung.

Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die betroffenen Passagiere ggfs. andere Rechte aus der Verordnung (EG) 261/2004 oder dem jeweils anwendbaren Recht haben können, wie etwa auf Rückerstattung der Ticketkosten der ursprünglichen Flüge oder auf Ersatz der Kosten für die von ihnen gebuchten Alternativflüge.

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Denied Boardings

Jüngste Gerichtspraxis zu Nichtbeförderungen

Am 26. Oktober 2023 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein neues Urteil zur Auslegung der Artikel 4 und 5 der Verordnung (EG) 261/2004 im Zusammenhang mit der Nichtbeförderung verkündet/ getroffen (Rechtssache C-238/22).

In diesem Urteil stellte der EuGH fest, dass ein Luftfahrtunternehmen, das einen Fluggast im Voraus darüber unterrichtet, dass ihm gegen seinen Willen die Nichtbeförderung für einen Flug mit bestätigter Buchung droht, diesem Fluggast Ausgleichszahlungen leisten muss, auch wenn er sich nicht am Flugsteig einfindet.

Im vorliegenden Fall wurde einem Fluggast die Beförderung auf dem Rückflug verweigert, da er den Hinflug nicht angetreten hatte. Dies beruhte auf einer gängigen/verbreitende Praxis, die auf sogenannten „No-Show-Klauseln“ basiert.[1]  Der EuGH interpretierte diese Anwendung der No-Show-Klausel als Nichtbeförderung und missachtete dabei die von der EU-Kommission am 10. Juni 2016 veröffentlichten Auslegungsleitlinien zur Verordnung (EG) 261/2004.

Außerdem entschied der EuGH, dass Art. 5 Abs. 1 Buchst. c Ziff. i der Verordnung nicht für Fälle gilt, in denen Fluggästen die Nichtbeförderung droht. Daher muss das Luftfahrtunternehmen den Fluggästen Ausgleichszahlungen (gemäß Art.7) leisten, auch wenn es den Fluggästen mindestens zwei Wochen im Voraus darüber informiert/mitteilt/unterrichtet, dass es ihnen die Nichtbeförderung bevorsteht/ Beförderung verweigert wird.

Am 11. Juli 2023 hatte sich das Landesgericht Korneuburg mit einem Fall (22 R 120/23m) zu befassen, der folgende Sachverhalt zugrunde lag:

Ein Luftfahrtunternehmen sah sich nach der COVID-19-Pandemie mit Security-Personalmangel an seinem Heimatflughafen (HAL) konfrontiert, was zu Schwierigkeiten bei der Bewältigung eines plötzlichen Anstiegs der Passagierzahlen während des Reisebooms nach dem Ende der COVID-bedingten Reisebeschränkungen führte. Als Reaktion darauf beschloss die Fluggesellschaft, mehrere Flüge zu streichen, da es schwierig war, die erforderlichen Sicherheitskontrollen an den Passagieren durchzuführen/abzufertigen.

Die „gestrichenen“ Flüge wurden von der Fluggesellschaft tatsächlich mit den geplanten Zeitfenstern, Flugnummern und Zielorten durchgeführt, allerdings nur mit Fracht – ohne Passagiere an Bord.

Das Landesgericht Korneuburg als Berufungsgericht stellte fest, dass es sich in solchen Fällen nicht um eine Annullierung im Sinne von Artikel 5 der Flugastrecht-VO handelt, sondern um Nichtbeförderung nach Artikel 4.

Darüber hinaus betonte das Gericht, dass es im Falle der Nichtbeförderung unerheblich ist, ob die Gründe für die Nichtbeförderung außergewöhnliche Umstände im Sinne von Artikel 5 darstellen können. Nach dem anwendbaren Artikel 4 sind Luftfahrtunternehmen stets verpflichtet, Fluggäste gemäß Artikel 7 unverzüglich zu entschädigen, wenn ihnen die Beförderung gegen ihren Willen verweigert wird.

Gemäß Artikel 2 Buchst. j bedeutet „Nichtbeförderung“ die Verweigerung der Beförderung von Fluggästen auf einem Flug, es sei denn, es liegen triftige Gründe für die Verweigerung der Beförderung vor, wie z. B. Gründe des Gesundheitsschutzes oder der Sicherheit oder unzureichende Reisedokumente. Das Gericht kam zu dem Schluss (unter Berufung auf das EuGH-Urteil C-321/11, 32), dass der Grund für die Nichtbeförderung dem Fluggast zuzurechnen sein muss, dem die Beförderung verweigert wird.

Da der Grund für die Entscheidung des Luftfahrtunternehmens, die Fluggäste auf dem fraglichen Flug nicht zu befördern, in keiner Weise dem Fluggast zuzurechnen war, lagen keine angemessenen Gründe gemäß Art 2 Buchst. j für die Nichtbeförderung vor. Das Landesgericht Korneuburg entschied daher zugunsten des Fluggastes und verurteilte das Luftfahrtunternehmen zur Zahlung einer Ausgleichsleistung an den Fluggast.

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[1]Die Rechtmäßigkeit solcher Klauseln war bereits Gegenstand zahlreicher Gerichtsverfahren. Weitere Einzelheiten über No-Show-Klauseln finden Sie in unserem Artikel hier.

First aid as accident under the Montreal Convention

Erste Hilfe als Unfall nach dem Montrealer Übereinkommen

In dem Urteil C-510/21 vom 6. Juli 2023 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass eine unzureichende medizinische Erstversorgung an Bord eines Flugzeugs nach einem Unfall im Sinne des Montrealer Übereinkommens als Teil des Unfalls anzusehen ist.

Sachverhalt der Rechtssache

In der Rechtssache, die dem EuGH erneut von einem österreichischen Gericht (diesmal: dem Obersten Gerichtshof) vorgelegt wurde, ging es um Austrian Airlines.

Am 18. Dezember 2016 befand sich der Kläger auf einem von Austrian Airlines durchgeführten Flug von Tel Aviv nach Wien. Während des Fluges wurde heißer Kaffee auf den Kläger verschüttet, was zu Verletzungen führte. In der Folge wurde dem Kläger an Bord des Flugzeugs medizinische Erstversorgung geleistet.

Im Jahr 2019, nach Ablauf der in Artikel 35 des geltenden Montrealer Übereinkommens festgelegten Frist, reichte der Kläger in Wien eine Klage gegen Austrian Airlines ein. Der Kläger argumentierte, dass die unzureichende medizinische Erstversorgung nicht als Unfall im Sinne von Artikel 17 des Montrealer Übereinkommens anzusehen sei und sich seine Schadenersatzansprüche daher ausschließlich nach österreichischem Recht richten sollten. Folglich sei die im österreichischen Recht vorgesehene Dreijahresfrist anwendbar, und seine Ansprüche seien nicht verjährt.

Die vom österreichischen Obersten Gerichtshof aufgeworfenen Fragen

(1)  Ist die an einen Unfall im Sinn von Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens von Montreal anschließende medizinische Erstversorgung an Bord des Luftfahrzeugs, die zu einer von den eigentlichen Unfallfolgen abgrenzbaren weiteren Körperverletzung des Reisenden führt, gemeinsam mit dem auslösenden Ereignis als einheitliches Unfallgeschehen anzusehen?

(2) Wenn Frage 1 verneint wird: Steht Art. 29 des Übereinkommens von Montreal einem Anspruch auf Ersatz des durch die medizinische Erstversorgung verursachten Schadens entgegen, wenn dieser zwar innerhalb der Verjährungsfrist des nationalen Rechts, aber bereits außerhalb der Ausschlussfrist des Art. 35 dieses Übereinkommens geltend gemacht wird?

Rechtliches Ergebnis

Der EuGH stellte fest, dass es nicht immer möglich ist, einen Schaden einem bestimmten Ereignis zuzuschreiben, wenn dieser Schaden das Ergebnis einer Reihe voneinander abhängiger Ereignisse ist. Daher sind aufeinanderfolgende, miteinander verbundene Ereignisse /Ursachen als ein einziger Unfall im Sinne des Übereinkommens von Montreal anzusehen.

Auf der Grundlage dieser Auslegung kam der EuGH zu dem Schluss, dass eine unzureichende erste Hilfe an Bord eines Flugzeugs nach einem Unfall im Sinne des Montrealer Übereinkommens als Teil dieses Unfalls anzusehen ist.

Aufgrund dieser Auslegung war es für den EuGH nicht erforderlich, die zweite Frage zu beantworten. Wir warten immer noch auf ein Urteil, in dem der EuGH eine klare Stellungnahme zum Anwendungsbereich des Ausschließlichkeitsprinzips des Montrealer Übereinkommens abgibt.

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Agency Fees

Die österreichische Judikatur zur Erstattung von Vermittlungsprovisionen

Gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) 261/2004 haben Fluggäste bei Nichtbeförderung, Annullierung und großer Verspätungen das Recht, zwischen der Erstattung des vollen Flugpreises innerhalb von 7 Tagen und der Weiterbeförderung zum Endziel zu wählen. Von großer praktischer Bedeutung ist die Frage, ob die Formulierung „vollständige Erstattung der Flugscheinkosten“ die Verpflichtung der Luftfahrtunternehmen einschließt, etwaige Vermittlungsgebühren zu erstatten, die die Fluggäste während des Buchungsvorgangs entrichten mussten.

In seinem Urteil in der Rechtssache C-601/17 (Harms/Vueling) hat der EuGH klargestellt, dass die Erstattung den Preis des Flugscheins einschließlich der von einer zwischen dem Luftfahrtunternehmen und dem Fluggast vermittelnden Person erhobenen Provision (d. h. einer Vermittlungsgebühr) umfassen sollte, es sei denn, diese Provision wurde ohne Wissen des Luftfahrtunternehmens festgelegt.

Dieses Urteil gab zwar wichtige Hinweise, warf aber auch eine neue Frage auf: Was genau bedeutet „Wissen des Luftfahrtunternehmens„?

Um diese Frage vollständig zu verstehen, ist es wichtig zu wissen, wie Flugtickets verkauft werden. Flugscheine werden in erster Linie entweder direkt über die Website des Luftfahrtunternehmens oder über ein Reisebüro (entweder vor Ort oder online) verkauft. Um den Verkauf von Flugscheinen durch Reisebüros zu erleichtern, erteilt die International Air Transport Association (IATA) IATA-zertifizierten Agenturen die Befugnis, Flugscheine direkt für die Mitglieder der Fluggesellschaft auszustellen.

Traditionell agierten diese Reisebüros als Handelsvertreter für die Fluggesellschaften und erhielten von ihnen Dienstleistungsgebühren. In den letzten 20 Jahren haben jedoch zahlreiche Fluggesellschaften ihre Preismodelle dahingehend geändert, dass sie keine Servicegebühren mehr an Reisebüros zahlen und den Ticketkauf direkt über ihre eigenen Websites fördern. Infolgedessen haben die Reisebüros ihre Geschäftsmodelle angepasst und schlagen nun Gebühren auf die von ihren Kunden, den Fluggästen, gezahlten Ticketpreise auf. Trotzdem behalten die Reisebüros das Recht, Flugtickets direkt auszustellen.

In ihrer Antwort auf die Rechtssache C-601/17 argumentierten die Fluggäste (vertreten durch ihre Anwälte bzw. Beschwerdebüros), dass die Erstattung der Flugscheinkosten aufgrund der besonderen Beziehung zwischen Luftfahrtunternehmen und Reisebüros auch die Vermittlungsgebühren umfassen müsse. Sie machten geltend, dass den Luftfahrtunternehmen bekannt sei, dass Reisebüros typischerweise Gebühren als Teil ihres Geschäftsmodells erheben, und dass das allgemeine Wissen ausreiche, um die Verpflichtung des Luftfahrtunternehmens zur Erstattung der Vermittlungsgebühren zu begründen.

Während es in Deutschland zahlreiche Urteile zu diesem Thema gibt, sind österreichische Urteile, insbesondere des Landesgerichts Korneuburg, selten zu finden. Deshalb freuen wir uns, dass unser Aviation Team kürzlich war und für einen unserer Airline-Kunden zwei positive Entscheidungen des Landesgerichts Korneuburg in diesem Fall erzielt hat.

In diesen Urteilen (22 R 226/22y und 22 R 37/23f) hat das LG Korneuburg (auf unsere Berufungen gegen Entscheidungen des LG Schwechat) festgestellt, dass sich der vom EuGH verwendete Begriff „Wissen“ auf das konkrete Wissen der vom Vermittler verrechneten Vermittlungsgebühr bezieht. Das Gericht betonte, dass die verschiedenen Bestandteile eines Flugscheins, wie z.B. der Preis, vom Luftfahrtunternehmen genehmigt werden müssen, was nur mit spezifischem Wissen geschehen kann. Die möglichen Informationsrechte der Luftfahrtunternehmen aufgrund von IATA-Vereinbarungen oder das Vorhandensein von Anreizvereinbarungen, in denen die Höhe der Vermittlungsgebühr nicht festgelegt ist, ändern nichts an dieser Schlussfolgerung.

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Re-routing obligations

Re-Routing-Pflichten österreichischer Fluggesellschaften

Gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EG) 261/2004 sind ausführende Luftfahrtunternehmen nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen an Fluggäste zu leisten, wenn die Annullierung (oder erhebliche Verspätung) durch außergewöhnliche Umstände verursacht wurde, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Die Auslegung dieser Bestimmung hat jedoch zu einer Reihe von Gerichtsentscheidungen über die Kriterien für außergewöhnliche Umstände und angemessene Maßnahmen geführt. Dieser Artikel befasst sich speziell mit der zumutbaren Maßnahme der Weiterbeförderung eines Fluggastes zu seinem Endziel, wie sie vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) und österreichischen Gerichten, insbesondere dem Landesgericht Korneuburg, ausgelegt wird.

Es ist zu beachten, dass das ausführende Luftfahrtunternehmen das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände und die Ergreifung aller zumutbaren Maßnahmen zur Verhinderung der Annullierung oder erheblichen Verspätung nachweisen muss, um einen Anspruch auf Ausgleichszahlung erfolgreich abzuwehren. Die anderweitige Beförderung eines Fluggastes gilt als eine dieser Maßnahmen. Daher ist die anderweitige Beförderung eines Fluggastes durch das Luftfahrtunternehmen ein entscheidender Faktor bei der Entscheidung, ob ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen abgelehnt werden sollte.

In der Regel muss das Luftfahrtunternehmen den Fluggast so umleiten, dass er sein Endziel frühestmöglichen Zeitpunkt erreichen kann.

In der Praxis ist es oft schwierig nachzuweisen, dass die vom Luftfahrtunternehmen gewählte Umleitung tatsächlich die schnellste Option war, und wir sind regelmäßig mit Fluggästen konfrontiert, die (oft vertreten durch Inkassounternehmen) eine Liste von Alternativflügen vorlegen, mit denen sie ihr Endziel schneller erreicht hätten als mit dem vom Luftfahrtunternehmen gewählten Flug. In solchen Fällen muss das Luftfahrtunternehmen nachweisen, warum die Fluggäste nicht auf diese Flüge umgebucht wurden (z. B. weil diese Flüge bereits ausgebucht waren).

Das Luftfahrtunternehmen muss alle verfügbaren Flüge in Betracht ziehen und nicht nur diejenigen, die von ihm selbst, einem Mitglied derselben Allianz oder einem Luftfahrtunternehmen, mit dem es eine vertragliche Beziehung eingegangen ist, durchgeführt werden.[1] Darüber hinaus ist es verpflichtet, einen Flug auch dann anzubieten, wenn es davon ausgeht, dass der Fluggast diesen wegen der damit verbundenen Unannehmlichkeiten (z. B. Übernachtung auf einem anderen Flughafen) nicht annehmen wird [2], und zwar auch dann, wenn der Fluggast bereits selbst einen Alternativflug gebucht hat.[3]

Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung des Luftfahrtunternehmens, auf welchen Flug der Fluggast umgebucht werden sollte, ist dann gegeben, wenn vorhersehbar ist, dass der Fluggast nicht mit dem ursprünglichen Flug befördert werden kann, z. B. weil dieser Flug ausfällt oder eine Verspätung des ersten Flugabschnitts dazu führt, dass der Fluggast seinen zweiten Flugabschnitt verpasst.[4] Damit das Gericht dies beurteilen kann, müssen die zeitlichen Komponenten in die Verteidigung des Luftfahrtunternehmens einbezogen werden.[5]

Das Luftfahrtunternehmen muss in „unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang“ mit der Bekanntgabe der Annullierung eine anderweitige Beförderung anbieten [6], ist aber nicht verpflichtet, einen Fluggast auf einen anderen Flug umzubuchen, wenn dies für das Luftfahrtunternehmen im Hinblick auf die Kapazitäten seines Unternehmens zum maßgeblichen Zeitpunkt ein „untragbares Opfer“ darstellte. [7]Das Handelsgericht Wien hat einmal entschieden, dass es für ein Billigflugunternehmen ein solches untragbares Opfer darstellt, wenn es einen Fluggast auf eine andere Fluggesellschaft umbucht, die in der Regel dreimal höhere Flugpreise als das Billigflugunternehmen verlangt. [8] Es ist unklar, ob andere Gerichte, insbesondere das Landesgericht Korneuburg, diese Auffassung teilen werden.

Gelingt es dem Luftfahrtunternehmen nicht, den Fluggast so umzubuchen, dass er sein Endziel frühestmöglichen Zeitpunkt erreicht, kann es nicht nur zu einer Ausgleichszahlung verpflichtet sein (auch wenn außergewöhnliche unvermeidbare Umstände vorliegen), sondern auch die Kosten, für die selbst organisierte Ersatzbeförderung des Fluggastes tragen müssen.[9]

Der in diesem Artikel gegebene Überblick über die Kriterien im Zusammenhang mit der Verpflichtung eines Luftfahrtunternehmens zur Umbuchung von Fluggästen soll über relevante Aspekte informieren, die bei der Beurteilung solcher Fälle zu berücksichtigen sind. Er verdeutlicht aber auch die Vielfalt der (nationalen) Gerichtsentscheidungen, die bei der Bearbeitung von Passagieransprüchen zu prüfen sind. Daher ist es unerlässlich, mit Spezialisten zusammenzuarbeiten und die Fälle genau zu prüfen, um sich Klarheit über die Erfolgsaussichten in einem Gerichtsverfahren zu verschaffen, bevor man beträchtliche Ressourcen dafür investiert.

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Dieser Artikel wurde auch auf Lexology veröffentlicht und kann hier abgerufen werden.

 

[1] EuGH, C-74/19; Landesgericht Korneuburg, 21.09.2021, 22 R 263/21p; RKO0000032.

[2] Landesgericht Korneuburg, 22.09.2022, 22 R 176/22w; RKO0000043.

[3] Landesgericht Korneuburg, 21.06.2022, 22 R 18/22k; RKO0000041.

[4] Landesgericht Korneuburg, 23.07.2020, 22 R 124/20w; RKO0000015.

[5] Landesgericht Korneuburg, 03.09.2020, 22 R 152/20p; RKO0000013.

[6] Landesgericht Korneuburg, 21.06.2022, 22 R 18/22k; RKO0000041.

[7] EuGH, C-74/19; LG Korneuburg, 21.09.2021, 22 R 263/21p; RKO0000032.

[8] Landesgericht für Handelssachen Wien, 28.07.2022, 50 R 28/22g; RWH0000078.

[9] Österreichischer Oberster Gerichtshof (OGH), 29.08.2018, 1 Ob 133/18t

Repatriation Flights

Repatriierungsflüge

Auf dem Höhepunkt der COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Reiseverboten mussten zahlreiche Fluggesellschaften ihre Flüge streichen, so dass die Passagiere weit weg von ihrer Heimat gestrandet sind/ waren. In vielen Fällen konnten diese Passagiere nur mit Hilfe von Sonderflügen, die von ihren Staaten organisiert wurden – sogenannte Repatriierungsflüge – nach Hause zurückkehren.

In seinem Urteil in der Rechtssache C-49/22 beantwortete der Europäische Gerichtshof (EuGH) zentrale Fragen, die das österreichische Landesgericht Korneuburg im Zusammenhang mit Repatriierungsflügen aufgeworfen hatte.

Im vorliegenden Fall buchte der Kläger (im Rahmen einer Pauschalreise) die Flüge OS 17, geplant für den 7. März 2020 von VIE nach MRU, und OS 18, geplant für den 20. März 2020 von MRU nach VIE, die beide von Austrian Airlines durchgeführt werden sollten. Während der Flug OS 17 planmäßig durchgeführt wurde, wurde der Flug OS 18 aufgrund der von der österreichischen Regierung wegen der COVID-19-Pandemie getroffenen Maßnahmen gestrichen.

Am 19. März wurde der Kläger über die Annullierung und die Möglichkeit informiert, mit einem vom österreichischen Außenministerium organisierten Repatriierungsflug nach VIE zurückzukehren, der für den 20. März zur ursprünglich für OS 18 reservierten und von Austrian Airlines unter OS 1024 durchgeführten Flugzeit geplant war. Der Kläger und seine Ehefrau meldeten sich für diesen Rückführungsflug an und mussten einen obligatorischen Beitrag/ verpflichtenden Unkostenbeitrag von 500 EUR pro Person zahlen.

Der Kläger erhob schließlich Klage gegen Austrian Airlines und verlangte unter Berufung auf die Verordnung (EG) 261/2004 den Ersatz des Pflichtbeitrages in Höhe von 1.000 EUR. Das Bezirksgericht Schwechat entschied zu Gunsten des Klägers, woraufhin Austrian Airlines Berufung einlegte und den EuGH um eine Vorabentscheidung ersuchte.

Der EuGH entschied, dass Repatriierungsflüge keine „anderweitige Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen“ im Sinne von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) 261/2004 darstellen. Daher sind die ausführenden Luftfahrtunternehmen nicht verpflichtet, Fluggästen, deren Flüge annulliert wurden, einen Rückführungsflug anzubieten.

Der EuGH entschied ferner/anderes, dass Fluggäste keinen Anspruch auf Erstattung von Pflichtbeiträgen zu Repatriierungsflügen zu Lasten des ausführenden Luftfahrtunternehmens auf der Grundlage der Verordnung 261/2004 haben.

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