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Allgemeine Beförderungsbedingungen in Österreich

Allgemeine Beförderungsbedingungen in Österreich

Neben der stets zunehmenden Fallzahl von Passenger Claims sind in Österreich aktive Airlines oft auch mit Beschwerden von Verbraucherschutzorganisationen bezüglich ihrer Allgemeinen Beförderungsbedingungen (ABB) konfrontiert. Insbesondere der Verein für Konsumenteninformation („VKI„) ist in dieser Hinsicht in Österreich sehr aktiv und prüft routinemäßig die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verschiedener Unternehmen – einschließlich ABB von in Österreich tätigen Fluggesellschaften.

Enthalten die ABB Klauseln, die der VKI für rechtswidrig hält, fordert er die betroffene Airline in der Regel zunächst auf, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. Damit soll sie sich verpflichten, diese Klauseln nicht mehr zu verwenden und im Falle eines Verstoßes eine Vertragsstrafe an den VKI zu zahlen.

Weigert sich das Luftfahrtunternehmen, eine solche Unterlassungserklärung zu unterschreiben, folgt in der Regel eine Klage des VKI auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung in der meistgelesenen Zeitung Österreichs auf Kosten der Fluglinie.

Im Rahmen des Verfahrens prüft das zuständige Gericht jede Klausel der angefochtenen ABB anhand der folgenden Kriterien:

Überraschende und nachteilige Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts

§ 864a des österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) besagt, dass in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (wie ABB) enthaltene Klauseln ungewöhnlichen Inhalts, die für die andere Partei überraschend und nachteilig sind, nicht zum Vertragsbestandteil werden.

Solche Bestimmungen können jedoch gültig sein, wenn die Partei, die sie in ihren AGB verwendet hat, die andere Partei ausdrücklich auf die Verwendung dieser Bestimmungen hingewiesen hat.

Gröblich benachteiligende Klauseln

Nach § 879 Abs 3 ABGB sind in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Klauseln, die nicht eine der von einer Partei zu erbringenden Hauptleistungen betreffen, unwirksam, wenn sie eine Partei gröblich benachteiligen.

Die österreichischen Gerichte legen die Ausnahme für Hauptleistungen sehr eng aus, was dazu führt, dass die Bestimmung grundsätzlich auf alle Klauseln anwendbar ist, die nicht die individuelle Beschreibung von Art, Umfang und Qualität der Hauptleistungen betreffen. Die Beurteilung, ob eine Klausel gröblich benachteiligend ist, erfolgt in der Regel durch einen Vergleich mit den dispositiven Bestimmungen des österreichischen Rechts und einer Abwägung der Interessen der Parteien.

Verletzung des Transparenzgebots

Das österreichische Konsumentenschutzgesetz (KSchG) sieht mehrere Arten von Klauseln vor, die für Verbraucher nicht verbindlich sind. In § 6 Abs 3 KSchG ist zusätzlich festgelegt, dass Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Wortlaut unklar ist, wenn ihr Inhalt für den Verbraucher nicht ohne weiteres verständlich ist oder wenn sie die Rechtsposition des Durchschnittsverbrauchers unzutreffend wiedergeben.

Beispiele von Bestimmungen, die laut der Judikatur gegen das österreichische Recht verstoßen

Da bereits zahlreiche Gerichtsverfahren zu ABB in Österreich geführt wurden, besteht eine umfangreiche Sammlung von Klauseln, die nach Ansicht österreichischer Gerichte gegen österreichisches Recht verstoßen. Dazu gehören insbesondere die folgenden Klauseln:

  • No-Show-Klauseln[1], die sich nicht auf Fälle der absichtlichen Umgehung des Tarifsystems durch Fluggäste beschränken[2],[3],[4]
  • Reklamationen von Fluggästen werden nur akzeptiert, wenn sie per E-Mail, Online-Formular oder Fax eingereicht werden[5]
  • Die Flugdaten können sich nach der Buchung ändern (ohne Festlegung, wann dies passieren kann)[6]
  • Die Rückerstattung des Flugscheins erfolgt nur an die Person oder das Reisebüro, die bzw. das den Flug gebucht hat, oder an das Kreditkartenkonto, das zur Zahlung des Flugpreises verwendet wurde[7]
  • Die Beförderung wird verweigert, wenn der Flugcoupon erheblich beschädigt oder nachträglich abgeändert wurde[8]
  • Beschwerden müssen vom Fluggast selbst eingereicht werden, und er muss mindestens 28 Tage auf eine Antwort warten, bevor er Dritte beauftragt, seine Ansprüche in seinem Namen geltend zu machen[9]
  • Zusätzliche Gebühr für Check-ins am Flughafen, auf die nicht gesondert hingewiesen wurde[10]
  • Frist von zwei Jahren für Schadenersatzansprüche jeglicher Art[11]
  • Ansprüche dürfen nur an andere Passagiere der gleichen Buchung oder Reisegruppe abgetreten werden[12]
  • Klauseln, die Fluggäste unvollständig über ihre Rechte nach dem Montreal Übereinkommen oder der Fluggastrechteverordnung informieren[13][14]

Verstößt eine Klausel nach Ansicht des Gerichts gegen österreichisches Recht, so hat dies zunächst zur Folge, dass die Fluggesellschaft den Prozess verliert und somit verpflichtet ist, die Verwendung dieser Klausel zu unterlassen, der Gegenpartei ihre Anwaltskosten (in einem gewissen Umfang) zu erstatten und für eine Veröffentlichung des Urteils in einer österreichischen Zeitung zu sorgen. Andererseits wird die betroffene Bestimmung als nichtig angesehen, was zur Folge hat, dass Fluggäste nicht an sie gebunden sind.

Fluggesellschaften müssen wachsam bleiben

Aufgrund der routinemäßigen Überprüfung der Allgemeinen Beförderungsbedingungen durch Verbraucherschutzorganisationen müssen Fluggesellschaften, die in Österreich tätig sind, besonders auf den Inhalt ihrer ABB achten, um Gerichtsverfahren, Kosten und nicht zuletzt negative Publicity zu vermeiden.

Unser Aviation Team ist erfahren im Umgang mit derartigen Fällen und beantwortet gerne Ihre Fragen zur Verwendung von Allgemeinen Beförderungsbedingungen in Österreich, überprüft Ihre ABB, um das Risiko eines Gerichtsverfahrens zu verringern und übernimmt Ihre Vertretung vor Gericht.

 

Die pdf-Version unseres Artikels zu Allgemeinen Beförderungsbedingungen in Österreich finden Sie hier.

 

[1] Unsere detailliertere Analyse von No-Show-Klauseln in Österreich (basierend auf Gerichtsverfahren, an denen unser Aviation Team direkt beteiligt war) finden Sie hier.

[2] Brussels Airlines, OLG Wien, 10.07.2019, 129 R 56/19g.

[3] KLM, OLG Wien, 11.06.2019, 1 R 73/19s.

[4] Lufthansa, OGH, 20.04.2021, 4 Ob 63/21z.

[5] Laudamotion, OLG Wien, 23.2.2021, 2 R 48/20y.

[6] Laudamotion, OGH, 18.03.2022, 6 Ob 127/21a.

[7] SWISS, OLG Wien, 04.11.2022, 2 R 106/22f.

[8] Lufthansa, OGH, 20.04.2021, 4 Ob 63/21z.

[9] Laudamotion, OLG Wien, 23.2.2021, 2 R 48/20y.

[10] Laudamotion, OGH, 27.02.2020, 8 Ob 107/19x.

[11] Lufthansa, OGH, 20.04.2021, 4 Ob 63/21z.

[12] Laudamotion, OLG Wien, 23.2.2021, 2 R 48/20y.

[13] Lufthansa, OGH, 20.04.2021, 4 Ob 63/21z.

[14] Laudamotion, OGH, 18.03.2022, 6 Ob 127/21a.